Landesrat Florian Mussner will ab 2010 für die Dolomitenpässe eine Maut einheben. Der grüne Gadertaler Hotelier Michil Costa hält das für einen großen Fehler.

Die Dolomiten werden Weltnaturerbe der Menschheit: Das Ja der UNESCO war schneller als die Geschäftemacher; und diese nicht ganz neue Mitteilung erfreut uns doch sehr. Die andre Nachricht ist dagegen eine absolute Katastrophe für den Schutz unserer Umwelt.
Die Lobby des Massentourismus darf sich freuen: Ein kleiner Teil dieser Welt, der Teil mit seinen farbigen Monolithen, den bizarren Felsnadeln, den phantastischen Zinnen und den unerreichbaren, senkrecht abfallenden Felswänden, ist akut gefährdet. Der Verkehr über die Dolomitenpässe wird zunehmen, die akustische Umweltverschmutzung wird noch unerträglicher werden, und wir, die wir diesen Frühling doch eigentlich mit donnerndem Applaus begrüßen wollten, wir sind erschüttert.
Die Südtiroler Volkspartei, zusammen mit ihren einflussreichen Förderern, bekanntlich begeisterte Zementrührer, will die Maut auf den Dolomitenpässen einführen. Die Geschäftemacher rüsten sich zum Angriff. Die Maut wird alle jene anlocken, die die Dolomiten bisher noch nicht kennengelernt haben. Eine regelrechte Invasion wird stattfinden, Horden werden anreisen, die nichts und niemanden respektieren, Diese Herrschaften der hohen Politik besitzen kein Bewusstsein für das, was uns hier zu leben gestattet wurde: das Idyll der Bleichen Berge, das auf diese Weise unheilbar beschädigt werden wird.
Diese Entscheider wollen einfach nicht wahrhaben, welch gewaltige Verantwortung sie auf ihre Schultern laden. Denn wie der berühmte Mathematiker Edward Lorenz sagte: „Ein Schmetterling, der in Rio de Janeiro mit den Flügeln schlägt, verändert das Wetter in New York“.  Jeder Mensch ist unweigerlich dazu verdammt, den Preis al jener Irrtümer zu bezahlen, die in seiner Epoche oder in den vorhergehenden begangen worden sind. Die Maut ist nichts anders als eine Einladung – an Motorradfahrer, mit Vollgas die Pässe rauf- und runterzudüsen, und an Veranstalter, hier Meetings historischer Sportwagen abzuhalten. Sie spendet all jeden Beifall, die unsere Pässe wie ein Zirkuskarussell betrachten (und leben). Es ist die Weigerung, über Mobilitätsalternativen nachzudenken, wie es Aufstiegshilfen oder Elektro-Shuttles sein könnten. Es ist eine Aufforderung dazu, Radler zu ignorieren, es beweist Geringschätzung gegenüber denjenigen, die auf die Sella-Türme klettern, und es ignoriert all jene, die ganz besonders die Stille unserer Dolomitenwelt lieben. Kurz und gut: Es ist eine Einladung zu etwas, als das wir unserer Dolomiten nie erleben möchten: zu flüchtiger Zerstreuung für ein Publikum, das diese Landschaft nicht als Ort der Seele betrachtet, sondern sie schlicht benützt, abnützt und schließlich wegwirft.
Die Maut wird den Herren von Bozen jede Menge Geld bringen; daran besteht nicht der geringste Zweifel. Während sich unsere Träume von einem bewussten Qualitätstourismus in Luft auflösen, werden sich die Herren von Bozen die Taschen mit Geld füllen. Nur zwei Dinge können die Welt retten: die Kultur und die Freiheit. Mit der Einführung der Maut beweisen wir, dass wir ignorant sind und keine Kultur besitzen. Und der Mangel an Freiheitsverständnis hindert uns daran, die Freiheit der Selbstbeschränkung zu erkennen.

Die neue Südtiroler Tageszeitung Nr. 91, 13. Mai 2009