Gehören die Dolomiten am ehesten den Ladinern? Gehört der Verwaltungssitz des UNESCO-Weltnaturerbes am ehesten nach Ladinien? Während die einen Ladiner dafür kämpfen, gibt sich die ladinische SVP besonders zurückhaltend.
„Das Dolomitengebiet ist eines der schönsten Berggebiete der Welt, und wir Ladiner können stolz darauf sein, in diesem Gebiet leben und arbeiten zu dürfen.“ So sehr freut sich die SVP-Ladina darüber, dass ihr Land zum Weltnaturerbe der UNESCO erklärt wurde. Aber von wo aus soll das Erbe am besten verwaltet werden?
Auf allerhöchster Ebene streitet sich die Politik um den Sitz des UNESCO-Büros. Südtirol will die EURAC in Bozen, die Universität in Bozen oder vielleicht die Außenstelle in Bruneck – und die Nachbarregionen erheben zumindest genauso viel Anspruch auf das Weltnaturerbe und dessen Verwaltung. Während nun die SVP und die Landesregierung ein rotierendes Prinzip vorgeschlagen, um allen Wünschen mehr oder weniger gerecht werden zu können und keinen Streit vom Zaun zu brechen, noch bevor die Nachricht in das Bewusstsein der Bürger gedrungen ist, gehen manche Ladiner einen Schritt weiter.
„Wir glauben dass die Frage wohl berechtigt ist“, sagen Herbert Prinoth und Michil Costa, „ob das Land Südtirol die moralischen Voraussetzungen besitzt, den Verwaltungssitz der Dolomiten als Weltnaturerbe zu bekommen.“ Schließlich habe man keine Sekunde gezögert und die Bezeichnung „Dolomiten“ nach China verkauft. Auch im Bereich des Naturschutzes bleibe das Land Südtirol oft genug säumig. „Seien wir nicht so gierig“, schlagen Prinoth und Costa vor, „und geben diesen Sitz mit ruhigem Gewissen an unsere Nachbarn von Cortina ab. Cortina ist nicht zur geografisch die ‚Perle der Dolomiten‘, sondern auch historisch berechtigt.“ Die Dolomiten seien ladinisch, deshalb gehöre die Zentrale in den ladinischen Sprachraum, sagen auch die Ladins Dolomites. „Der geeignete Sitz der Stiftung zur Verwaltung des UNESCO-Naturerbes Dolomiten ist Ladinien, die Region wo Ladinisch gesprochen wird – Gröden, Gadertal, Fassatal, Ampezzo und Buchenstein“, erklärt Präsident Albert Pizzinini und meint damit auch, dass symbolisch so auch die ladinische Kultur und Sprache geschützt werden könne.
Während manche Ladiner viele Argumente finden, um den UNESCO-Sitz in ihre Sprachregion zu holen, geben sich die SVP-Ladiner zugeknöpft. Landesrat Florian Mussner macht keinen Hehl daraus, dass er für einen Sitz in Bozen oder Bruneck wäre. „Das Weltnaturerbe kann ohnehin niemand für sich beanspruchen“, erklärt der Landesrat. Der Frage nach dem Standort stellt er in den Hintergrund. Viel wichtiger wäre Mussner, dass auch Plattkofel, Sellagrupe, Langkofel, Fünffingerspitze und Grohmannspitze ins Weltkulturerbe aufgenommen würden. Auch die ladinische SVP-Obmannsvertreterin hält sich zurück. „Wir müssen doch zusammenarbeiten“, erklärt Paola Bioc Gasser, „da wäre eine Rotationslösung das Beste.“ Sie will erst gar nicht darauf bestehen, dass der Sitz nach Ladinien kommt: „ich lege es auf keinen Kampf an.“
Silke Hinterwaldner, Die Neue Südtiroler Tageszeitung Nr. 127 vom 3. Juli 2009