Was hat Sie dazu bewogen, nach den Kriterien der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) zu handeln und den Hotelbetrieb dahingehend umzustellen? Warum haben Sie sich ausgerechnet für die GWÖ als Modell entschieden?
Der wahre Luxus besteht aus Zeit, Raum und Ruhe; ein „Lentius Profundius Soavius“ definierte es der Südtiroler Vordenker Alexander Langer. Luxus heißt nicht „immer mehr“. Wir müssen im Bewusstsein agieren, dass alles was wir machen, eine Folge hat. Ich werde weniger Fleisch essen, weil pro Kilo 15.000 Liter Wasser verbraucht werden, ich werde lokal, biologisch, saisonal einkaufen. Ich werde keinen Fisch kaufen, der mit Schleppnetzen gefangen wurde, ich möchte nicht Teil der Ausbeutung unserer Erde sein. Kleine Schritte bringen uns zu großen Zielen. Deswegen erstellen wir in unserem Haus die Gemeinwohl-Bilanz und folgen den Kriterien der Gemeinwohl-Ökonomie. Das aktuelle Wirtschaftssystem ist obsolet, man kann nicht unendlich wachsen, ohne anderen zu schaden. Die Gemeinwohl-Ökonomie ist eine klare und konkrete Alternative. Es ist unsere Pflicht unsere Welt und ihre Ressourcen so gut es noch geht zu schützen und es ist unsere Pflicht auf das Wohlsein unseres Nächsten zu achten.

Welche Veränderungen beobachten Sie im täglichen Hotelbetrieb seit Einführung der GWÖ?
Jeder Anfang ist schwer; es gibt immer wieder Augenblicke in denen die GWÖ eine große Herausforderung ist, für uns alle. Im Sinne der GWÖ zu handeln, heißt im Betrieb sehr viel „traditionelles“ auf den Kopf stellen zu müssen. Zum Beispiel gibt es keinen Apfelstrudel im Sommer mehr weil es Unmengen an CO² braucht, damit Äpfel das ganze Jahr über verfügbar sind; das gefällt nicht allen Gästen. Am Freitag gibt’s kein Fleisch, eines unserer Restaurants, das „Les Stües“ ist zum vegetarischen Restaurant umgewandelt worden, es gibt keinen Fisch aus Übersee mehr, im Berghotel Ladinia gibt es keine Coca Cola.
Kleine große Schritte, die nicht immer von all unseren Mitarbeitern und Gästen geteilt werden. Diese Hürden zusammen zu überwinden, bringt jedoch eine unvorstellbare Kraft und positive Energie ins Haus. Wir wollen alle den gleichen Weg gehen, wir setzen uns klare Ziele, die wir zusammen erreichen wollen. Ja, die GWÖ bringt Freude ins Haus!

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Wonach wählen Sie Ihre Vertriebspartner (Produzenten, aber auch andere Geschäftspartner) aus?
Wir kaufen saisonal, lokal und nachhaltig ein. Wir versuchen so gut wie möglich lange Transportstrecken zu vermeiden und wo es nicht anders geht, wie bei Kaffee, Kakao und Bananen, Fair-trade einzukaufen. Obwohl dies nicht der kostengünstigere Weg ist. Die Kartoffeln sollen am besten aus dem Pustertal sein, die Aprikosen aus dem Vinschgau, der Wein aus Südtirol. Wir arbeiten an einem Code of Conduct für unsere Geschäftspartner, Lieferanten und Produzenten. Wir möchten in Zukunft imstande sein, nur von Partnern, die auch die GWÖ-Bilanz erstellen, einzukaufen. Wir möchten eine größere Beteiligung der Stakeholders, zum Beispiel ist es uns wichtig zu wissen, wie es den jeweiligen Mitarbeitern geht, wie sind ihre Arbeitsbedingungen, usw.
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um sicherzustellen, dass auch alle Mitarbeiter nach den GWÖ-Prinzipien handeln?
Am Anfang jeder Arbeitssaison werden die neuen Mitarbeiter mit einem „Schnupperkurs“ in die GWÖ und deren Prinzipien eingeführt. Auch während der Saison werden dann verschiedene Kurse und kleine Schulungen angeboten.

Was machen Sie mit und für Ihre Mitarbeiter?
Unsere Mitarbeiter sind das Wertvollste, das wir haben. Ihr Wohlbefinden geht einher mit dem Wohlbefinden des Betriebs, wir sehen sie als Teil der Familie. Sie haben die Möglichkeit, zusammen mit uns im Bistrot zu essen, sie können das Schwimmbad in unserem Spa „Eghes Sanes“ nutzen und auch Anwendungen zu speziellen Preisen buchen. Der Erlös daraus geht an unsere Familienstiftung Costa Family Foundation onlus zur Finanzierung von humanitären Projekten. Zudem steht für unser Team ein kostenloser Fahrradverleih an der Dogma Pinarello Lounge zur Verfügung. Wir veranstalten interne Weiterbildungskurse, die von Mitarbeitern für Mitarbeiter gehalten werden und wir arbeiten fest daran, die Arbeitszeiten, vor allem für das Küchenteam, zu reduzieren. Während einer Testphase haben wir es geschafft, die Stunden der Köche um 25 Prozent zu verringern. Jetzt möchten wir, dass das zum Standard wird. Wir machen interne anonyme Umfragen, um zu verstehen, was ihre Anliegen sind. Weitere Pläne für die Zukunft? Mehr Unterstützung für Mitarbeiter, die heiraten, für arbeitende Mütter, für Mitarbeiter mit Familie und die Optimierung der Wohnmöglichkeiten. Zum Beispiel wäre es mein großer Wunsch, mehr Einzelzimmer für sie zur Verfügung stellen zu können.

Welche Reaktionen auf die GWÖ erhalten Sie von Gästen?
Jeder hat den Gast, den er sich verdient. Unser Haus ist nicht für alle, aber für viele. Ja, nicht all unsere Gäste sind von der GWÖ überzeugt, viele hätten es gern genauso, wie es immer gewesen ist. Man sollte aber jeden Tag dazu nutzen, irgendetwas neu zu machen. Wer glücklich sein will, muss sich oft verändern. Es gibt schon manchmal Reklamationen und das ist auch gut so. Nicht alles was wir machen, ist auch immer richtig. Wir versuchen unsere Werte mit unseren Gästen zu teilen, und es kommt schon vor, dass wer dazu nicht offen ist, nicht wiederkommt. Dieses Risiko sind wir aber bereit einzugehen.

Wie profitieren die Gäste von der GWÖ?
Wir können nicht gesünder sein, als das was wir essen. Wir können nicht besser sein, als das was wir tun. Wenn die Kuh gesund gehalten wurde, dann ist das Fleisch, das ich esse, auch für mich gesund. Wenn ich versuche die Luftverschmutzung zu vermindern, dann wird die Luft für mich reiner sein. Wenn ich dazu beitrage den Lärm einzuschränken, werde ich mehr Ruhe genießen können. So profitierten unsere Gäste, von der GWÖ.
Wie sind Ihre Pläne für die Zukunft, wo möchten Sie z.B. in 5 Jahren stehen?
Ich wünsche mir unsere Dolomitenpässe ohne Verkehr; einen sanften Tourismus mit Respekt vor der Natur, das größte Gemeingut das wir haben, und mit Respekt gegenüber den Menschen, die hier leben. Ich möchte die Dolomiten-pässe während der Hochsaison zeitweise für den Motorverkehr schließen. Keine Autos, keine Busse, keine Motorräder, nur leise und sanfte Fahrradfahrer, Wanderer, Seelenwanderer in der Stille der Berge. Es ist möglich, wir machen es ja schon! Während der Maratona dles Dolomites sind die Dolomitenpässe für den Motorverkehr geschlossen, genauso wie beim Sellaronda Bike Day und dem Börz Plose Bike Day. Man muss es nur wollen. Dazu kommt auch mehr Nachhaltigkeit in der Architektur. Man soll begreifen, dass die Bodenausnutzung ein sehr großes Problem ist, nicht nur in Südamerika oder Afrika, auch hier bei uns. Ich erwarte mir, dass in den nächsten 5 Jahren viele Unternehmen der Gemeinwohl-Ökonomie beitreten, mit einem großen gemeinsamen Ziel: das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern. Die Gemeinwohl-Ökonomie bringt mehr Zufriedenheit, und wenn jeder von uns zufriedener sein kann, dann ist dies der richtige Weg, keine Frage. Also, gehen wir, cum hilaritas, mit Freude!

michil costa
Green Lifestyle, 2016