Fragen zum Hofburggarten Brixen
Die Gemeinde Brixen, das Land Südtirol und die Diözese Bozen entscheiden sich für die Fortführung des vom Event-Künstler André Heller vorgestellten Entwurfs.
Dazu stellen sich für viele Brixner und Brixnerinnen sowie für uns als Fachleute und Planende folgende Fragen:

  1. Die Hofburg und der Hofburggarten sind von jeher im Besitz der Diözese:
    Warum sorgt nicht der Eigentümer für eine sachgerechte Nutzung seiner historisch herausragenden Gartenanlage für die heutige Herrschaft, die demokratische Bürgergesellschaft? Mit welcher Begründung werden dafür Steuergelder verwendet?
  2. Der Hofburggarten ist durch die Verwendung von chemischem Pflanzenschutz so belastet, dass ein kostspieliger Bodenaustausch erforderlich ist:
    Warum sollen die Kosten dafür nun von den Bürgern der Gemeinde Brixen getragen werden, die für diese Schäden der vorangegangenen Bewirtschaftung durch die Diözese nicht verantwortlich sind?
  3. Die frühere Stadtverwaltung hatte in Zusammenarbeit mit internationalen Fachleuten und der Denkmalpflege für die Nutzung und Gestaltung ein transparentes bürgernahes Verfahren mit einem Wettbewerb und einem Siegerprojekt für die beste Lösung gewählt:
    Auf welch undurchsichtige Weise wurde danach André Heller für eine nicht durch alternatives Verfahren qualifizierte und vielfach teurere Lösung ausgewählt, die frühestens in fünf Jahren fertiggestellt sein wird?
  4. Die Hofburg stellt mit ihren Gärten ein architektur- u. gartenhistorisches Ensemble von europäischem Rang dar, das nicht nur in Südtirol einzigartig dasteht:
    Warum geht Heller mit seinem bisher vorliegenden Entwurf nicht auf die historische Identität des Ortes und der Altstadt ein und plant stattdessen ein beliebiges Event-Gelände?
  5. Der Brixner Altstadt fehlt ein frei zugänglicher Bürgerpark wie der Hofburggarten, der zusammen mit Hofburg und Herrengarten auch touristische Attraktion ohne modische Effekte eine touristische Attraktion darstellt:
    Warum wird eine historisch angemessene, einfache und preiswerte Lösung bisher nicht von den Verantwortlichen und jetzt auch von der Denkmalpflege nicht nachdrücklich unterstützt?
  6. Die Hofburg mit ihren Gärten stellt einen kunsthistorischen Höhepunkt in der dichten, weitgehend fußläufigen Altstadt dar und bietet keine Stellflächen für Fahrzeuge:
    Wenn der Hofburggarten eine zugkräftige Touristenattraktion werden soll, wo können dann die privaten und öffentlichen Verkehrsmittel untergebracht werden?
  7. Brixen ist ein touristisches Ziel, das sich aber bis jetzt den Charakter und die Identität einer vitalen und von ihren Einwohnern belebten Stadt bewahrt hat:
    Der Massentourismus ist bereits hier ein Problem – warum wird die Belastung der Bürgerschaft durch die Gestaltung des Hofburggartens auf Event-Niveau noch weiter und schwerwiegend erhöht?
  8. Die Brixner Bürger fragen sich, was denn für ihre Lebensqualität getan wird. Der Eindruck besteht, dass auf Kosten der Allgemeinheit alles für Touristenmassen getan wird, an denen aber nur wenige gut verdienen:
    Warum soll es denn nicht ausreichen, dass die Brixner zusammen mit ihren Gästen einen nachhaltigen Bürgerpark Hofburggarten kostenfrei zugänglich genießen?
  9. Seit 2008 hat die Gemeinde Brixen viel Steuergeld für Pacht und obsolete Verfahren ausgegeben. In fast 12 Jahren wurde der Hofburggarten aber nur 327 Tage genutzt:
    Nach groben Schätzungen wurde bisher fast 1 Mio. € ausgegeben. Könnte damit nicht längst ein Bürgerpark im sozialen und städtebaulichen Sinne als öffentlicher Raum für alle kostenfrei zugänglich sein?

FAZIT

Die politisch Verantwortlichen von Kurie, Gemeinde und Land sollten bedenken, dass aus der Sicht von Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung, von Kunstgeschichte und Denkmalpflege der Entwurf von André Heller in eine völlig falsche Richtung weist. Im Hofburggarten entsteht so keine bürgernaher, frei zugänglicher Gartenanlage, aber ein kulturhistorisch zentrales Ensemble Südtirols wird im Charakter grundlegend verändert und verliert damit seinen Wert.
Ein Kirchenbesitz wird als öffentliches Grün ausgewiesen dessen Grund nun mit Steuergeldern saniert werden muss. Der „öffentliche“ Garten soll noch dazu eine wirtschaftliche Anlage werden, die nur mit Eintritt zu betreten ist um neben Erträgen auch den Zugang zu kontrollieren. Das kann nicht den ethischen Vorstellungen einer kirchlichen Gemeinschaft entsprechen..
Die bis heute beratungsresistenten Verantwortlichen sollten sich vor Augen halten, dass ihre Nachfolger u. Nachfolgerinnen sich angesichts des bald veralteten modischen Event-Gardens eines Tages fragen werden, was wohl in den Köpfen der Beteiligten bei dieser verfehlten und kostspieligen Entscheidung vorgegangen ist, dazu mit erst mit sehr verspäteter Nutzung.
Wir wenden uns hiermit an die Entscheidungsträger und die für sie zahlende Öffentlichkeit. Wir ersuchen eindringlich, von diesem beschrittenen Weg abzusehen. Es gibt einfachere, respektvollere, bürgernahe und kostengünstigere Lösungen für den Brixner Hofburggarten, zudem in Kürze zu realisieren und der Öffentlichkeit frei zur Verfügung zu stellen..

Unterschriften:
Dr. Franz Caramelle, Kunsthistoriker, ehem. Landeskonservator Tirol, Innsbruck
Michil Costa, Hotel La Perla, Corvara
Dr.arch. Roland Dellagiacoma, Dozent Universität Innsbruck
Prof. Dr.arch. Andreas Gottlieb Hempel, Architekt, Journalist u. Buchautor, Brixen
Dr. Waltraud Kofler Engl, Direktorin Kulturerbe und Kulturproduktion, Freie Universität BZ
Univ. Prof. Dr. Lilli Licka, Leiterin Institut für Landschaftsarchitektur, Wien
Dr. Claudia Plaikner, Landesobfrau Heimatpflegeverband Südtirol
MMag. Dr. Andres Pizzinini, Lehrbeauftragter FH Rosenheim u. phil.theol. Hochschule Brixen
Prof.em. rer.hort. Erika Schmidt, Leiterin Institut für Landschaftsarchitektur, Dresden
Prof. Dr. Helmut Stampfer, Kunsthistoriker, ehem. Landeskonservator Südtirol, Völs/Schlern
Prof. Dr. rer.nat. Stefan Zerbe, Landschaftsökologe und Biodiversitätsforscher, Bozen

Brixen, im Januar 2020